Geschichte von Be an Angel - seit 2015 bis 2022.
Im September 2015 haben wir die Ärmel hochgekrempelt. Und nie wieder herunter gerollt. Was hat sich seitdem geändert? Wir sind professioneller geworden. Mit täglichen Sprechstunden, Büro, hauptamtlichen Mitarbeitern, einem Netzwerk aus Flüchtlingsinitiativen in der Regierung, in anderen EU-Ländern und auch in den Heimatländern der Geflüchteten. Mit Datenschutz, Ablage und allem was an Bürokratie nötig ist. (Nein, das macht keinen Spaß, muss aber…)
2022: Ukraine Krieg
Am 04. März brach Be an Angel Vorstand Andreas Tölke nach Moldawien auf. Für ein paar Tage, um Busse mit Menschen, die aus der Ukraine in das Nachbarland geflüchtet sind, zu evakuieren. Seitdem ist er dort….
Es gibt ein sensationelles Team, großartige Partnerorganisationen vor Ort und regelmäßigen Pendelverkehr in die Ukraine ab Chicinau.
Be an Angel hat ein Büro in der Hauptstadt Moldau, quasi täglich Busse mit Flüchtlingen ab Ukraine oder Moldau.
Das Berliner Team ist beschäftigt, angemessene Unterkünfte zu organisieren und Vorstand Ulrike Lessig koordiniert die Aktivitäten in Deutschland. Inklusive Spendenverwaltung. Die Arme. Das Team im Berliner Büro ist weiterhin mit Geflüchteten zweiter Klasse beschäftigt: Arbeitserlaubnisse, Umverteilungen, Asylanträge für Menschen aus Afghanistan, Syrien, Irak und Iran, den Ländern Afrikas.
In den USA ist Anya Verkhovskaya die Königin der Sachspenden. Sie hat Tonnen an Medikamenten als Spenden organisiert, kriegt Transportunternehmen dazu, die Sachen oft kostenfrei bis in die Ukraine zu bringen.
Unser Pilot-Projekt, das Restaurant Kreuzberger Himmel, startet neu durch nach Corona Lockdown. High-Light: Caterings im Bundeskanzleramt.

2020/21: Und jetzt auch noch Corona…
Die ersten Menschen aus dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos kommen in Deutschland an. Im Februar waren wir im Flüchtlingslager Moria, das mit Abstand furchtbarste, was wir je gesehen haben. Vor Ort: Erst völlig hilflos, dann haben wir Menschen getroffen, die das Recht auf Familiennachzug hätten. Seitdem kämpfen wir auf griechischer und deutscher Seite für deren Rechte.
Außerdem konnten wir mit der Stern-Stiftung so viel Geld sammeln, dass wir Not-OPs für Kinder finanzieren konnten. Unser Restaurant „Kreuzberger Himmel“, ist als Einnahmequelle durch Corona weggebrochen. Trotzdem haben wir dort über 80.000 Mahlzeiten für Berliner Obdachlose gekocht, zum Teil finanziert vom Berliner Senat / Kältehilfe.

2019: Hat uns nicht gefallen.
In Deutschland werden Rechte für Geflüchtete immer mehr abgebaut. Anscheinend ist die Genfer Konvention irgendwo in den Schubladen verschwunden. Mit der Integration klappt das, wenn Initiativen wie wir Türen aufmachen und Menschen unterstützen. In den Behörden sind Asylbewerber meist unter Generalverdacht. Egal woher die Menschen kommen, es wird erst Mal davon ausgegangen, dass sie uns betrügen wollen. Auch für uns als Begleiter*innen wahnsinnig anstrengend. Spurwechsel (mit Ausbildungsvertrag gibts Aufenthalt) – viel Papierkrieg und dann wird trotz Ausbildungsbeginn versucht abzuschieben.

2018: Wir finanzieren uns selbst.
Nicht mehr von Spenden abhängig sein. Schöne Idee. das können wir also getrost vergessen. Also: Auf Initiative des Vereins gründen wir eine GmbH, um das Restaurant „Kreuzberger Himmel“ zu starten. Warum eine GmbH? Weil wir den Gewinn so verwenden können, wie es richtig erscheint. Be an Angel e.V. hält sich selbstredend streng an die Vorgaben für Gemeinnützigkeit! Und das gerne! Der Verein erhielt eine zweckbezogene Spende, mit der eine GmbH gegründet wurde: die Be an Angel Gaststättenbetriebs GmbH mit dem Ziel, das Restaurant „Kreuzberger Himmel“ zu übernehmen. Am 04. Januar ist Eröffnung. Platz für 110 Gäste, ein Team aus 13 Mitarbeiter*innen aus damals „nur“ sechs Nationen – alle mit Fluchtgeschichte, nur zwei mit Gastro-Erfahrung.
Es wurde eine Erfolgsgeschichte! Auch für den Verein – der zum allergrößten Teil von den Einnahmen des Restaurants lebt. Und weiterhin gegen fehlerhafte Asylbescheide vorgeht, Menschen vor der Abschiebung bewahrt, Jobs und Ausbildungsplätze vermittelt, Arbeitgeber*innen bei inter-kulturellen Missverständnissen coacht und bei Zuschüssen berät. Wir sind im „Menschenhandel“ auf der guten Seite und ziemlich erfolgreich. Dazu langatmige Sitzungen mit Verwaltung und Politik. Politiker*innen sind erstaunlich oft „full of good intentions“ und dann mahlen die Mühlen der Verwaltung…. Wir ziehen um ins Foyer des Bezirksamts Kreuzberg-Friedrichshain. Für kleines Geld. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sei Dank.

2017: Über (fast) alle Grenzen.
Flüchtlinge waren nicht mehr sexy – die Spenden gingen zurück, aber unsere Maschinerie lief weiter und die Kosten auch. Also haben wir zusammen mit dem Auktionshaus Christies eine Versteigerung zeitgenössischer Kunst organisiert. Rund 55.000€ sind dabei zusammengekommen. Damit haben wir: Unser erstes Büro bezogen, über drei Monate hinweg für 1.200 Menschen, die völlig ohne Versorgung in halbverfallenen ehemaligen Lagerhallen hausten, täglich eine warme Mahlzeit ausgegeben. Wir haben den ersten Mitarbeiter eingestellt, die ersten offenen Sprechstunden abgehalten und die ersten Menschen in Ausbildung und Arbeit vermittelt. Die Asylverfahren begleiteten wir weiter – die absurden Bescheide vom BamF, trudelten nach wie vor regelmäßig ein. Mittlerweile waren wir mit den ersten Anwälten*innen per Du und auch in Calais und haben Hilfsgüter geliefert.

2016: Es wurde nicht besser, nur anders.
Viele der Geflüchteten mussten Berlin verlassen, wurden umverteilt. Wir haben den Kontakt gehalten. In Sachsen, Brandenburg, Bayern, NRW … Und die, die dann irgendwo anders landeten, haben natürlich neue Freunde gefunden. Wir bauten ein Netzwerk in der Bundesrepublik auf, um die Menschen vor Ort zu unterstützen. Die Asylverfahren waren ein Witz (und sind es auch heute noch oft). 2016 gab es die ersten Bescheide über „subsidiären Schutz“ für syrische Geflüchtete. Das heißt: trotz Flucht vor dem Krieg kein Recht darauf, dass die Familie nach Deutschland kommen kann. Fast zwei Drittel der Bescheide wurden von Gerichten einkassiert – Erlaubnis für den Familiennachzug zu bekommen war trotzdem schwierig. Wir hatten uns in der Zwischenzeit zu einer Art Hausverwaltung entwickelt – 17 Wohnungen, diverse Zimmer mit befristeten Mietverträgen – und über allem das LAF, das eigentlich die Kosten für die Unterbringung übernehmen sollte. Eigentlich. Teilweise haben wir über Jahre „vorgestreckt“, bis endlich alle Anträge durch waren. Dabei kostet eine Nacht in einem Vierbett-Zimmer bis zu 28€ pro Person, dafür könnte beinahe ein Penthouse in Mitte gemietet werden. 2016 steckten wir knietief in absurden Asylverfahren, organisierten Sprachkurse, halfen Kinder einzuschulen, begleiteten die ersten Scheidungen und waren oft zum Essen in den neuen Wohnungen eingeladen.

2015: Wir machen einfach.
Es fing ganz „harmlos“ an – im September 2015 mit der Begleitung von Geflüchteten ins Chaos: Wir waren am LaGeso (damals Landesamt für Gesundheit und Soziales), heute LAF (Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten). Wir haben unsere Wohnungen geöffnet, für Menschen, die nicht einmal ein Dach über dem Kopf hatten. Wir warteten ab drei Uhr morgens mit den Menschen in der Schlange, um sie registrieren zu lassen. Wir waren am Sozialgericht, um die Behörde mit Eilanträgen dazu zu zwingen, den Menschen das zu geben, was ihnen zusteht: Nahrung, einen Arzt, ein Bett. Wir haben Kleidung verteilt, Ärzte gefunden, die auch ohneKrankenkassenkarte die Menschen behandelten und irgendwann hatten wir als Verein 17 Wohnungen gemietet.
